Steffi Burkhart – Impulse und Thesen zur Entwicklung der KI

15. August 2025 – Premium Speakers

Gastbeitrag von Dr. Steffi Burkhart

Impulse und Thesen zu Entwicklungen der Generativen KI und deren Einfluss auf unsere alternde Gesellschaft und Millionen-Lücke fehlender Arbeitskräfte, neue Einstiegsmodelle für AbsolventInnen, massenhafte Weiterbildung und eine Kultur, die Wissen bewahrt.

Technology + Talent + new Thinking (3-T Strategy) – nur wer alle drei „T“ verbindet, wird zu den Gewinnern der Transformation gehören.

«Die demographische Lücke ist real und unausweichlich. Generative KI ist einer der stärksten Hebel, um sie zu verkleinern. Die Gewinner dieser Transformation werden jene Organisationen und Länder sein, die Technologie und Talent zusammenbringen – und beides in einer Kultur verankern, die Innovation, Lernen und Verantwortung fördert.»

1. KI-Entwicklungen und die Alterung unserer Gesellschaft

Wir erleben in Deutschland einen massiven, absehbaren Arbeitskräftemangel bei rasanter Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz. Bis Mitte der 2030er Jahre wird die geburtenstarke Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen. Die Folge: Rund 6 Millionen Erwerbstätige weniger – und zu wenige junge Menschen kommen nach. Selbst bei optimistischer Zuwanderung werden die Lücken nicht vollständig geschlossen.

Ohne Gegenmaßnahmen droht, dass der Mangel an Personal zur größten Wachstumsbremse wird. Personal wird zum Rohstoff der Zukunft. Neben Informationen und Daten in Echtzeit wird Humankapital zum entscheidenden Produktionsfaktor und Innovationstreiber. Während früher die Verfügbarkeit von Kapital, Technologie und Rohstoffen über Wachstum entschied, ist es künftig die Fähigkeit, genügend qualifizierte Menschen zu gewinnen, sie zu halten und ihre Produktivität zu steigern. -> Genau hier kann generative KI zu einem entscheidenden Hebel werden.

Accenture als Beispiel hat in Best-Practice-Unternehmen jährliche Effizienzgewinne von acht Prozent gemessen, kumulativ bis zu dreißig Prozent – bei konsequenter Integration in Prozesse und Geschäftsmodelle. Bei einer AI-Diffusionen auf alle Ebenen eines Unternehmens gehe ich von ganz anderen Werten aus. Potenzial und Ausmaß von KI-Entwicklungen auf Effizienzgewinne und Innovationskraft sind noch gar nicht wirklich greifbar und auch begreifbar für uns alle.

Altersstruktur der Belegschaft

Deutschland ist das zweitälteste Land der Welt. Das Medianalter liegt weit über 40, Tendenz steigend. Weniger Menschen im produktiven Alter bedeuten, dass Wachstumsbeiträge stärker aus Produktivitätssteigerung und Innovation kommen müssen.

IWF & OECD schätzen, dass alternde Gesellschaften ohne technologische Sprünge 0,5–1 Prozentpunkt Wirtschaftswachstum pro Jahr verlieren können.

Verhaltensökonomisch betrachtet beeinflusst das Medianalter einer Gesellschaft und auch in Führungskreisen und -gremien (Politik, Wirtschaft, Verwaltung) Entscheidungsverhalten, Risikoneigung sowie Innovationsdynamik. Risikovermeidung nimmt zu (Prospekt Theory, Kahnemann & Tversky), es verstärkt sich der sogenannte Status-quo-Bias was bspw. auch zu einer langsameren Innovationsdiffusion und veränderten Präferenzstrukturen führt.

Solche Effekte lassen sich durch bewusstes Design von Entscheidungsumgebungen, intergenerationelle Zusammenarbeit und gezielte Anreizsysteme abmildern – was aus meiner Beobachtung heraus nur leider in der Praxis viel zu wenig Anwendung findet.

Gleichzeitig braucht es den systematischen Aufbau eines Talentpools auf allen Ebenen einer Organisation. Die Investitionen in das intellektuelle Kapital werden zentraler denn je! Interne Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sind eine Möglichkeit, um auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren. seit Jahren halte ich mit Blick auf die technologischen Entwicklungen sogar eine Weiterbildungspflicht für geboten. Der EU AI Act führt in Artikel 4 nun auch eine Pflicht zur Gewährleistung von KI-Kompetenz (AI literacy) für Unternehmen und Belegschaften ein. Es ist und wird grob fahrlässig sein, wenn Unternehmen ihre Belegschaften nun nicht permanent strategisch fit für das Co-Play aus Menschlicher Intelligenz und Künstlicher Intelligenz machen. Das sollte nun in allen Entscheiderkreisen angekommen sein. Denn die Dringlichkeit hierfür muss von ganz oben erzeugt werden.

Über interne Maßnahmen hinaus gilt es aber auch, Talente von außen anzuziehen. Was bei zunehmender Alterung unserer Gesellschaft immer schwieriger wird. Hinzu kommt, ab 2030 sitzen alle Industrienationen im gleichen Boot: Dann konkurrieren Unternehmen nicht mehr nur in der gleichen Branche, regional oder national um Personal, sondern weltweit!

Umso mehr verwundert mich die aktuelle Diskussion, das erste Unternehmen Einstiegsjobs aufgrund neuer KI-Möglichkeiten streichen. Handelsblatt schreibt im August 2025 „KI verdrängt Berufseinsteiger (…) Die Zahl der Stellenangebote für junge Professionals erreicht einen Tiefpunkt.“

Die IESE Business School warnt vor einem bislang wenig diskutierten Nebeneffekt: impliziter Know-how-Verlust. In traditionellen Strukturen lernten Berufseinsteiger:innen „nebenbei“ von erfahrenen Kollegen – durch Beobachtung, gemeinsame Projekte, informellen Austausch. Wenn Einstiegspositionen stark reduziert werden, verschwindet dieser Wissenstransfer. Ohne gezielte Onboarding-Programme und Mentoring droht langfristig ein Kompetenzabbau, der Produktivität und Innovationsfähigkeit schmälert.

Yuval Harari betont in seinen Vorträgen, dass technologische Effizienzgewinne ohne kulturelle Wissensweitergabe langfristig zum Kompetenzabbau führen können – eine stille Erosion von Fähigkeiten, die weder Maschinen noch Algorithmen vollständig ersetzen können.

Einstiegsjobs neu denken statt abschaffen

Streichen ist in Anbetracht der demographischen Entwicklung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt fatal. Wenn Unternehmen in dieser Phase ausschließlich auf Kostensenkung setzen, besteht die Gefahr, dass ganze Karriereeinstiegsstufen verschwinden. 2035 werden vermutlich 75% der Workforce in Deutschland aus den Generationen Y, Z und Alpha bestehen. Wenn in Berufseinsteiger nicht mehr investiert wird, kann auch keine Pipeline aufgebaut werden. Weshalb ich für einen Paradigmenwechsel plädiere: Statt Einstiegsstellen zu streichen, sollten Unternehmen Aufgaben für Einsteiger neugestalten: interessanter, anspruchsvoller, kreativer. Diverse Aussagen von Microsoft AI CEO Mustafa Suleyman bestätigen mich in dieser Aussage. Spannend hierzu sein Buch „The Coming Wave“ (2023).

Einige Unternehmen zeigen, wie radikal sich Einstiegsrollen verändern: Shopify als ein Beispiel, verfolgt eine AI-First-Politik – Neueinstellungen nur, wenn klar ist, dass KI die Aufgabe nicht übernehmen kann.

Skillset-Shift

Eine Deloitte-Umfrage bestätigt die Lücke: Zwei Drittel der Führungskräfte halten Berufseinsteiger:innen für unzureichend vorbereitet. Viele klassische Lernfelder – Recherche, Datenaufbereitung, Präsentation – werden inzwischen von KI übernommen. Knapp 75% der Unternehmen fordern deshalb neue Kompetenzentwicklungsmodelle.

Das entspricht ein bisschen meiner provokativ formulierten Aussage:

Die Geschwindigkeit des Wandels wird so rasant sein, dass Schulen, Ausbildung und Universitäten mit der Anpassung ihrer Lehrpläne an diese technologisch getriebenen Veränderungen nicht mehr hinterherkommen. Weshalb für mich heute auch der Impuls zentral ist, dass es eine unfassbare Anstrengung von allen Unternehmen bedeuten wird, sowohl Mitarbeiterinnen als auch BerufseinsteigerInnen upzuskillen, zu reskillen und für sie neue Aufgaben und gar Jobs im Unternehmen zu finden. Ansonsten landen weltweit hunderte von Millionen von Menschen in der Arbeitslosigkeit. Früher war es Aufgabe von Schulen, Hochschulen und Unis, Menschen zu entwickeln. Jetzt ist es die NEUE AGENDA von Unternehmen, dies in einem viel tiefgreifenderen Maße zu tun wie bisher.

«AI Literacy and Human Literacy – die smarte Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Menschlicher Intelligenz wird Erfolg ausmachen!»

Was gleichzeitig dazu führen wird, dass in einer KI dominierten Zukunft Skills und Anwendungskompetenzen wichtiger werden als traditionelle akademische Grade.

Gen Z und Alpha – Schlüsselgenerationen für KI-Innovationen

Die Generationen Y, Z und Alpha sind zwar quantitativ in der Minderheit, qualitativ jedoch sehr wichtige Generationen, weil sie die Millionen-Lücke irgendwie auffangen muss wenn die Boomer Generation aus dem Arbeitsmarkt ausscheidet, weil sie ein starker Treiber für KI-Implementierung und Anwendung in Unternehmen sein werden und somit die Art und Weise, wie wir zukünftig arbeiten werden, nachhaltig verändern, und weil sie die anstehenden Welt-, Wirtschafts- und Umweltprobleme lösen müssen.

Der Mensch wird das Klimaziel von 1,5 Grad nicht erreichen. Wer wird das Problem lösen? Wir haben hohe Staatsverschuldungen in vielen Ländern, der Generationenvertrag funktioniert nicht mehr, unsere staatlichen Bildungsinstitutionen bereiten junge Menschen nicht ausreichend auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vor, wir steuern auf eine Mental Health Crisis zu vor allem bei jungen Generationen, wir türmen gerade Probleme über Probleme, die die jungen Generationen zu lösen haben. Es werde nicht mehr die Babyboomer sein.

Früher haben wir immer geglaubt, dass Politik solche Probleme lösen wird; jetzt befinden wir uns in vielen Industrienationen – Kanada, England, USA, in Vertrauenskrisen in die Politik und Politiker, die derzeit Gesellschaften in Links und Rechts spalten. Wir erleben ja grade, was in den USA passiert und es wird vermutlich noch dramatischer.

KI kann helfen – im Gegensatz zu der reinen Plattform-Ökonomie und -Technologie und Digitalisierung. Zur Wirklichkeit gehört auch dazu, um bei Yuval Harari zu bleiben ist, dass die Menschliche Spezies doch gar nicht so klug ist, wie wir alle glauben. Deshalb ist das Co-Play auch so wichtig aus Menschlicher Intelligenz und Künstliche Intelligenz. Denn nur so können wir weltweit relevante Ziele erreichen, die wir mit unserer Menschlichen Intelligenz alleine nicht schaffen werden.

Ich teile die Aussage von Sam Altman, CEO von OpenAI

  • if he were 22 right now, he would feel „like the luckiest kid in all of history.“
  • Altman says he’s not as worried about entry level white collar jobs as some of his fellow tech CEOs.
  • Instead, he’s concerned about how much late-career employees will want to adapt to AI.

„Im Jahr 2035 könnte dieser Hochschulabsolvent – falls er überhaupt noch zur Uni geht – sehr wohl zu einer Mission aufbrechen, um das Sonnensystem in einem Raumschiff zu erkunden, in einer völlig neuen, aufregenden, sehr gut bezahlten und hochinteressanten Tätigkeit, und dabei großes Mitleid mit dir und mir empfinden, weil wir noch diese wirklich langweilige, altmodische Arbeit machen mussten – und einfach alles ist besser“. https://tinyurl.com/3v4vkj76

Das, was uns im KI-Zeitalter erwartet – wird nicht nur die Effektivität erhöhen, – nicht nur Bildung verändern, – sondern es wird neues Wissen schaffen, – neue Wissenschaften schaffen, – so wie die Art und Weise, wie wir über die Welt im Kleinsten aber auch im Größten denken, verändern.

2. Lese-Empfehlung

HUMAN DEVELOPMENT REPORT 2025

A matter of choice

People and possibilities in the age of AI:

https://hdr.undp.org/content/human-development-report-2025

Beim ersten OPIUM LIVE Event in 2024 in Hamburg war meine These wie folgt: Worauf Unternehmen wie Google, Microsoft und andere Player in diesem neuen KI-Ecosystem gerade hinarbeiten ist der Heilige Gral der Technologie, um den es geht, die Artifical General Intelligence.

Eine neue intelligente Spezies, die neben dem Menschen auf dem Planeten Erde existiert und nicht nur selbst kreative Ideen generieren kann, kognitiv intelligent und empathisch ist, sondern selbst auch Ideen umsetzt kann. Unter den AI Vordenkern spricht man hierbei von einer Artifical Capable Intelligence, bestehend aus IQ, EQ and AQ.

Weder Dystopie noch Utopie sind unvermeidlich. Die Zukunft ist / oder / Ist die Zukunft der KI eine Frage der Wahl?

Sind Sie an einer Keynote von Steffi Burkhart interessiert? Kontaktieren Sie uns: 1 (704) 804 1054 oder steffi.burkhart@premium-speakers.com

Dr. Steffi Burkhart

Expertin New Work & neue Arbeitswelt, Gen Y, Z & Alpha, Talent-Management