Neurobiologe Bernd Hufnagl: „Warum ständiges Müssen uns auf Dauer überfordert – und wie Nichtstun helfen kann.“
Beim Wherever Whenever – Work Culture Festival auf der Orgatec 2024 in Köln beleuchtete Bernd Hufnagl, wie unser Gehirn mit den Anforderungen der digitalisierten Welt Schritt halten kann. Unter dem Thema „Zielgerichtetes Denken: Wie wir besser leben und in einer digitalen Welt arbeiten können“ sprach er über die Herausforderungen, die komplexe Arbeitswelten an unsere Denkweise und unser Wohlbefinden stellen.
Dr. Bernd Hufnagl erklärte, dass unser Gehirn evolutionär darauf eingestellt ist, Altbekanntes zu bevorzugen, Energie zu sparen und gegenüber Neuem zunächst vorsichtig zu sein. Was früher ein Überlebensvorteil war, führt heute oft zu Überforderung und Dauerstress. Mit der wachsenden Rolle künstlicher Intelligenz könnten Maschinen künftig mehr logische Aufgaben übernehmen und somit Kapazitäten in unserem Gehirn freimachen – Raum, den wir sinnvoll nutzen sollten, um uns in dieser schnelllebigen Welt besser zurechtzufinden.
Ein Kerngedanke seines Vortrags war die Bedeutung von Sinn und Motivation im Arbeitsleben. Bernd Hufnagl erklärte, dass Menschen ihr „Wollen“ über das „Müssen“ stellen sollten, um mehr Zufriedenheit und langanhaltendes Engagement zu erleben. Dazu gehöre auch, sich selbst und andere positiv zu beeinflussen. Er forderte die Zuhörenden provokativ auf, darüber nachzudenken, „womit sie sich und andere täglich anstecken“. Seine Empfehlung: dem Gehirn bewusst „Nichtstun“ gönnen – so kann das Tagträumernetzwerk aktiviert werden, das neue Perspektiven eröffnet und Distanz zum Alltag schafft. Dabei betonte er jedoch die Wichtigkeit, diese Pausen sinnvoll in eine produktive Balance mit Aktivität zu integrieren.
„Sitzen ist das neue Rauchen“ – Der Körper braucht Bewegung, das Gehirn Pausen
Bernd Hufnagl warnte auch vor den gesundheitlichen Folgen eines überwiegend sitzenden Arbeitsalltags. „Sitzen ist das neue Rauchen“, erklärte er, um auf die Gefahren von stundenlangem, ununterbrochenem Sitzen hinzuweisen, das ähnlich gesundheitsschädigend sein kann wie Rauchen. Da der menschliche Körper nicht für langes Sitzen gemacht ist, kann dieses Verhalten Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen, die Muskeln schwächen und die Konzentration beeinträchtigen. Sein Appell: Bewegungspausen integrieren – durch kurze Spaziergänge, Dehnen oder regelmäßiges Aufstehen, um das Gehirn aufzufrischen und langfristig die körperliche Gesundheit zu stärken.
Take-Aways seines Vortrags:
- Aktiv in Arbeitsprozesse einbringen, um echte Teilhabe zu fördern.
- Positives Denken und Resilienz stärken.
- Ein unterstützendes Umfeld schaffen, das Optimismus pflegt.
Bernd Hufnagl schloss mit einem wichtigen Appell: Das bewusste Innehalten ist oft entscheidender als ständige Aktivität, um das Gehirn zu entlasten und die geistige Gesundheit zu schützen – eine Botschaft, die besonders in einer Zeit zählt, in der Pausen häufig zugunsten von Produktivität vernachlässigt werden.
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