Reinhard K. Sprenger: Weil der Mensch den Unterschied macht

15. September 2022 – Katharina Schlangenotto

Reinhard K. Sprenger wollte einmal Lehrer werden. Auf gewisse Weise ist er seinem ersten Impuls gefolgt, wenn auch nicht als Schulmeister an einem Gymnasium, sondern als herausragender Keynote Speaker und Buchautor, der alt hergebrachte Ansichten ordentlich durchschüttelt.

Wer Reinhard K. Sprenger zuhört, muss vermutlich an der ein oder anderen Stelle schlucken und sich die Frage stellen: Meint er das jetzt ernst oder provoziert er? Sein Charme beruht sicherlich genau auf dieser Ungewissheit, denn: Man weiß es nie so genau.

Unter anderem spricht Reinhard K. Sprenger als Premium Speaker und Top-Redner über die Radikale Digitalisierung. Soweit so gut. Doch was hat dieser Satz in diesem Zusammenhang zu bedeuten? Er sagt: „Weil der Mensch den Unterschied macht.“ Kurzer Verdreher im Kopf: Wie? Die Digitalisierung macht den Menschen doch obsolet. Oder?

Reinhard K. Sprenger: Der Mensch als Gestalter – statt als Ausführender

Sprenger kontert: „Die digitale Technik der neuen Welt fördert paradoxerweise das, was die industrielle Technik unterdrückte: den Menschen als Gestalter, nicht nur als Ausführenden. Er kann sich auf das konzentrieren, was nur Menschen können, was kein Blechkasten kann.“

Mitarbeiter wie Führungskräfte können seine Ansicht nach aus drei Verhaltensstrategien auswählen:

Nummer 1: Sie streben hierarchisch weiter nach oben
Nummer 2: Sie gehen in Jobbereiche, die nicht digitalisierbar sind
Nummer 3: Sie arbeiten mit intelligenten Maschinen zusammen.

Jeder braucht ein Basiswissen „Technologie“

Ein Muss in der heutigen Zeit ist für den ehemaligen Personalentwickler vor allem die permanente Weiterbildung. Er sagt: „Jeder braucht ein Basiswissen „Technologie“.

Führungskräfte stünden aktuell vor großen Herausforderungen, weil sie ihre Unternehmen weiter entwickeln müssen von einem „Ich“ zu einem „Wir“, von „Vorgabe“ zu „Selbstorganisation“, von „Fehlervermeidung“ zu „Ausprobieren“, und von der Orientierung nach innen zu einer Orientierung nach außen.

Sprenger: „Man macht kein neues Unternehmen mit alten Institutionen. Wir müssen agiler werden, kundenorientierter, einfacher. Wir müssen auch attraktiver werden für Menschen auf dem Arbeitsmarkt, die entschieden anderes wollen, als die Generationen vor ihnen. Und wir brauchen den Unternehmergeist und auch die Selbstführung jedes einzelnen Mitarbeiters. Das menschliche Gehirn ist der schnellste Computer, den ein Unternehmen zur Verfügung hat.“ Dabei sieht er etablierte Unternehmen weit mehr in der Pflicht als Start-Ups, in denen viele Prozesse aus sich selbst heraus bereits viel mehr Unternehmergeist und innovatives Denken verlangen. Wer startet schon ein neues Unternehmen, wenn er keine Lust auf Veränderung hat?

Wer mit dem Zeitgeist geht, hat gute Chancen, die Zukunft wie eine Welle zu reiten. Wer sich dem Zeitgeist nur vermeintlich öffnet und in der Theorie stecken bleibt, wird auf Dauer verlieren.

Sei menschlich, nimm Abstand!

Reinhard K. Sprenger vertritt die klare Meinung, dass eine „Totalinklusion“ der Mitarbeiter, wie es Giganten wie Google oder Facebook praktizieren, am Ziel vorbeischießt. „Die Zentrale von Facebook schmückt ein Plakat an der Wand mit dem Spruch: „Unsere Arbeit endet nie.“ Das illustriert ein Maximum an Distanzlosigkeit,“ so Sprengers Sicht auf diesen Teil von New Work.

Obwohl die meisten Unternehmen es geschickt als „totale Freiheit“ verpacken, sieht der Managementdenker Sprenger einen enorm gestiegenen Druck zu Konformität. Als Beispiel bringt er das Unternehmen Bosch, das seine Mitarbeiter dazu aufforderte, ihre Krawatten abzulegen. Freiheit oder eine versteckte Art, das Nonkonforme konform zu machen?

Reinhard K. Sprenger: „Die Bevormundung wechselt nur den Gegenstand. Das steht in großer Spannung zu allem, was ein Unternehmen zukunftsfähig macht: Individualität, Kreativität und unternehmerische Disposition jedes einzelnen Mitarbeiters.“

Die 3 Grundprinzipien einer gelingenden Führung

Reinhard K. Sprenger plädiert dafür, zu denken und dort anzufangen, wo andere aufhören. Seine drei Grundprinzipien für gelungene Führung sind diese:

  1. Klarheit und Konsequenz der Führung
  2. Selbstverantwortung und Eigenmotivation der Mitarbeiter
  3. eine kluge Organisation, die jeden einzelnen Mitarbeiter unternehmerisch handeln lässt

Wie das gut funktionieren kann, verrät er in seinen ziemlich revolutionären Vorträgen. Schade eigentlich, dass er nicht ans Gymnasium gegangen ist. Die Generation von Morgen könnte einen wie ihn gut gebrauchen. Reinhard K. Sprenger, der „unbequeme Visionär“.

Wer Weichspüler will, bucht ihn nicht. Wer neue Perspektiven will, wird ihn lieben.

Reinhard K. Sprenger

Experte in Führung, Motivation & Leadership