Gregor Gysi – Duzen Sie eigentlich Frau Merkel? Maik Weiss trifft Premium Speaker Gregor Gysi.

02. Februar 2016 – Katharina Schlangenotto

Wie gehen wir mit den Weltproblemen um? fragt Gregor Gysi in den gefüllten Saal hinein. Er sieht Weltprobleme nicht nur in Syrien sondern auch in der Schweiz. Schweiz? Ja, Schweiz. Er sei mit der Bahn angereist, erzählt er, es habe einen Stromausfall gegeben. Folglich sei der Zug mit großer Verspätung in Interlaken eingetroffen. Das wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen – in der Schweiz. Doch seit die Schweiz Rechts wähle, habe sich einiges geändert. Augenzwinkern, Lachen im Saal. Gysi zieht seine Zuhörer ab der ersten Minute in den Bann. Reden, das stimmt, kann er. Ohne Zweifel zählt er zu den Top-Speakern unserer Zeit.

Genervt vom Duckmäusertum

Im Jahr 1990 habe es eine Änderung der Weltordnung gegeben. Einige Länder hätten jedoch verpasst zu lernen, mit dem Siegen aufzuhören. Stattdessen wollten sie immer weiter siegen. Das Völkerrecht sei als nicht mehr notwendig erachtet worden, ständig gab und gibt es Völkerrechtsverletzungen. „Wir haben keine funktionierende Weltordnung mehr“, sagt Gysi. Er sagt auch, dass die Banken heute entscheiden und nicht die Politik und dass ihm das „Duckmäusertum gegenüber den USA gewaltig auf die Nerven“ gehe. Damit meint er zum Beispiel die Spionage-Affäre. „Das geht nicht“, sagt er deutlich. Im Saal nicken einige zustimmend.

Das Verhältnis zu Russland

Das Problem sei, dass wir das Verhältnis zu Russland ändern müssten, wenn wir in Europa weiterhin sicher leben wollen. Er spricht von den Fakten: Seit 2008 habe sich die Anzahl der Milliardäre weltweit verdoppelt. Heute besäßen die 62 reichsten Menschen der Welt genau so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. In einigen Jahren würden die 40 reichsten Menschen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung besitzen.

Digitalisierung: Das wollen die auch!

Durch die Digitalisierung wüssten die Menschen in Afrika, wie wir in Europa leben. Und klar, sagt Gysi, das wollen die auch. Die Welt sei näher zusammen gerückt. Deutschland und die EU habe die Solidarität zu Griechenland aufgekündigt. Das sei ein Fehler gewesen, meint Gysi, denn das führe zur Aufgabe der Solidarität in der EU.

Pol und Gegenpol: Putin und Obama

Gysi skizziert Wladimir Putin als „Tiger-Ringer“, während Barack Obama das Gegenteil sei. „Wenn die 90 Minuten miteinander reden müssen, ist das für beide fast eine Qual“, plaudert Gysi aus dem Nähkästchen. Putin hielte Obama für „eine Lusche“, das sei offensichtlich.

Der Islamische Staat, Israel und die Flüchtlinge

Ein Riesenproblem sieht Gysi außerdem in den offenen Grenzen der Türkei zu Syrien, die den Weg für den IS nach Europa ebneten. Er plädiert dafür, Gespräche mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu suchen. Desweiteren müsse es ein sicheres Israel und ein sicheres Palästina geben, obgleich der Siedlungsbau Israels dagegen spräche. Die Flüchtlinge, die zu uns kommen, machen eines deutlich, mahnt Gysi: Wir müssen die Weltprobleme und die soziale Ungerechtigkeit lösen. Sonst kämen immer mehr Flüchtlinge, die eigentlich in ihrer Heimat bleiben wollen.

Die Weisheiten des Gregor Gysi

Er schließt mit einer persönlichen Anekdote, die von seiner Mutter stammt: Sie habe ihm von einem fantastischen und einem furchtbaren Europa erzählt. Im fantastischen Europa käme die Organisation und Planung aus Deutschland, die Polizei aus Großbritannien, die Küche aus Italien, die Liebe aus Frankreich und die Technik aus der Schweiz. Im furchtbaren Europa käme die Polizei aus Deutschland, die Organisation und Planung aus Italien, die Küche aus Großbritannien, die Technik aus Frankreich und die Liebe aus der Schweiz.

Im Interview mit Stefan Klapproth lüftet Gysi schließlich auch noch das Geheimnis um die Anrede der Angela Merkel: „Um Gottes Willen! Natürlich sieze ich sie. Ich duze Frau Merkel nur nach einem Bruderschaftskuss.“ Gelächter im Saal. Wohl niemand hatte das Gefühl, von Gysi in Grund und Boden gequatscht worden zu sein. Dass er es kann, steht außer Frage. Sie möchten den brillianten Referenten Gregor Gysi für Ihren Vortrag buchen? Sprechen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine Email an: gregor.gysi@premium-speakers.com

Gregor Gysi

Mitglied des Deutschen Bundestages